Immer noch wichtige Versicherung für Landwirte
Pronstorf/Sierksdorf. Wenn der Hagel alles erschlagen hat, ist das Wetterläuten zu spät, besagt eine alte Bauernregel. Und weil die Schäden nach einem Hagelschlag auf nur einem Gut manchmal Tausende Reichtstaler betrugen, gründeten Landwirte zu Beginn des 19. Jahrhunderts Hagelschaden-Versicherungsgesellschaften. Die Hagelgilde mit Sitz in Sierksdorf ist die zweitälteste Deutschlands. Sie feierte diese Woche ihren 200. Geburtstag.
Der Gründungsgedanke wird ausgelöst durch ein heftiges Gewitter mit Hagelschlag am 7. August 1799 im Raum Preetz. Allein auf Gut Rethwisch werden innerhalb einer Viertelstunde die gesamte Ernte verwüstet, Fenster zerschlagen, der Garten verwüstet, Federvieh getötet. Der Schaden des Gutspächters: mehr als 6000 Reichstaler: Doch es dauert fast zwölf Jahre, bis 21 Gutsbesitzer und Pächter der Preetzer adligen Güterdistrikte am 18. Juni 1811 in Segeberg ihre Hagelassekuranzgesellschaft gründen, nach dem Vorbild der Feuerversicherungen und der kurz zuvor ins Leben gerufenen Mecklenburgischen Hagelversicherung – der ersten ihrer Art.
Im Jahr 1819 existieren bereits drei Distrikte mit je einem eigenen Direktor, sie heißt nun „Hagel-Assecuranz-Gesellschaft für die adelichen Güther und Klöster der Herzogthümer Schleswig-Holstein und Lauenburg“. Die Entwicklung verläuft sehr wechselhaft. Einerseits wird das Versicherungsgebiet immer weiter ausgedehnt, andererseits treten viele Mitglieder wegen Ungerechtigkeiten im Beitragssystem aus, gründen eigene Hagelversicherungsvereine: 1938 gibt es bereits acht in Schleswig Holstein. Schließlich kommt es am 23. März 1959 zum endgültigen Schulterschluss der beiden größten, ihr Name besteht bis heute: „Schleswig-Holsteinische Hagelgilde Versicherungsverein a. G. – gegründet 1811“; nur fiel, nach der Ausdehnung des Geschäftsbetriebes auf Mecklenburg-Vorpommern, im Jahr 2002 die Landesbezeichnung weg.
Vor 200 Jahren als Selbsthilfeeinrichtung gegründet, betreut die Hagelgilde heute mehr als 3000 Versicherte. „Sechs Betriebe“, erklärt der Ehrenvorsitzende des Aufsichtsrates, sind von Anfang an, und damit seit sieben Generationen, dabei. Zur Geburtstagsfeier auf dem Gut Pronstorf gratulierten unter anderem Landtagspräsident Thorsten Gerdts, Landwirtschaftskammerpräsident Claus Heller, Bauernverbandspräsident Werner Schwarz, der Präsident des Bauernverbandes Mecklenburg-Vorpommern, Rainer Tietböhl, sowie der Präsident der Deutschen Versicherungswirtschaft, Rolf-Peter Hoenen. Dass eine Hagelversicherung für Landwirte heute noch genauso wichtig ist wie vor 200 Jahren, belegen die Zahlen: der Gesamtschaden durch Hagel im Bundesgebiet in den extremen Hageljahren 1992 bis 2009 wird von der Versicherungswirtschaft mit fast 100 Millionen Euro pro Jahr angegeben. Das extremste Schadenjahr auf dem Gebiet der Hagelgilde in diesem Jahrhundert war 2005 – mit Schäden von fast vier Millionen Euro.
Quelle: Kieler Nachrichten, 01. Juli 2011